Habt guten Abend,
alt und jung bin allen wohl bekannt genug.
Von drauß vom Walde komm ich her; ich muß Euch sagen es weihnachtet sehr! Allüberall auf den Tannenspitzen sah ich goldene Lichtlein sitzen; und droben aus dem Himmelstor sah mit großen Augen das Christkind hervor. und wie ich so strolcht durch den finsteren Tann, da rief's mich mit heller Stimme an: Knecht Rupprecht, rief es, alter Gesell, hebe die Beine und spute dich schnell! Die Kerzen fangen zu brennen an, das Himmelstor ist aufgetan, Alt und Junge sollen nun von der Jagd des Lebens einmal ruhn;
Angekündigt hatte
sich per Handzettel der gute alte Nikolaus, dann wurde
es allmählich dunkel in Bechtsbüttel, es kamen immer
mehr Kinder auf den dreieckigen Dorfplatz, und was
geschah sonst? Da war die Ecke beim alten
Feuerwehrgerätehaus mit dem Pavillon vor dem Tor, darin
war es Dank einer Gasheizung bei den Festzeltgarnituren
angenehm warm. Daneben Flutlichstrahler, die 2
Bratwurstgrills und die Doppelfritteuse beleuchteten.
Dort fanden die Krakauer und Thüringer Bratwürste schon
mal reißenden Absatz. Der Tannenbaum stand immer noch im
Dunkeln, es zog so manches Kind in seine Nähe - wenn
überhaupt noch, dann würde hier das Entscheidende
passieren. Und tatsächlich, es kam ein Glühwürmchen
angeflogen, nein, es war ein kleines goldenes Lämpchen,
darunter große Augen mit einem langen weißen Bart. Da
zog doch der Arm von dem weiß geränderten Rotkittel noch
ein Wägelchen hinter sich her, kein Rentier, keine
Kutsche, keine prächtige Aufmachung mit Lichterketten, heute
eher schlicht.
Sofort war er umringt von den Kleinen, die ihre Köpfe in
den Nacken legen mussten, um Blickkontakt mit dem großen
Mann mit Bart und Kapuze aufzunehmen. Der Baum war zwar
kleiner als in den letzten Jahren, aber schön gewachsen,
er war gerade rechtzeitig -diesmal von der Gemeinde-
angekommen und von der Feuerwehr aufgestellt worden. Nun
gingen die Kerzen am Baum an - da konnte man eindeutig
erkennen, dass hier Knecht Ruprecht stand. Der alte
Nikolaus war wohl indisponiert und hatte seinen jüngeren
Ersatzmann geschickt. Die Altersabteilung der
Feuerwehr war den Wichteln zur Seite gesprungen, so war
das Säckel auf dem Wagen gut gefüllt. Knecht Ruprecht
erklärte, er käme vom Wald her, ja das stimmt wohl,
Waldweg, daran liegt das FW-Gerätehaus, dann An der Forst,
Thuner Weg, zum Tannenbaum, der Weg war klar
nachvollziehbar auf dem Straßenplan des Dorfes. Da stand
er nun, sprachs, ließ ein Liedchen singen, gab sich mit
dem "O Tannenbaum"- Gesang offenbar zufrieden, und
endlich: er griff in den großen Sack und alle Kinder
bekamen von ihm eine Tüte mit leckerem Inhalt. Das dauerte
seine Zeit, aber sie wurde niemand zu lang. Ein Kleinkind
schrie vor Glück, als die Tüte gereicht wurde, oder war es
doch Angst vor dem Fremden? 2 Mädchen trauten sich, vor
dem Baum ein Gedicht aufzusagen, dann packte Knecht
Ruprecht die für ihn gemalten Bilder auf seinen Handwagen
und zog von
dannen, mit
sichtlich noch nicht ganz geleertem Sack - wohl zum
nächsten Einsatzort. Die
Tüten waren gut zugebunden, so konnten sich die Kinder
noch etwas länger auf den süßen Inhalt freuen. 3 Tage nach Vollmond
war der Himmel noch hell genug für den Heimweg bei milden
5°C, egal wie spät er angetreten wurde, denn im alten
Gerätehaus war noch lange nicht Schluss. Und der Glanz der
Kerzen am Baum in der Dorfmitte kündete von der
Adventszeit - erinnerte aber auch -brandaktuell- an die
Geschichte des Paares auf der Durchreise, das keine
Herberge fand, nur den kleinen Stall zu Bethlehem.