BECHTSBÜTTEL
Bechtsbüttel

3. Vom 19. zum 20. Jahrhundert

3.1 Freiheit der Bauern
3.2 Meinholz
3.3Verkehrswege Straßen und Eisenbahn
3.4 Mittellandkanal und Kippe
3.5 Ackerboden und Landwirtschaft

3.1 Freiheit der Bauern

Die Bauern im Papenteich lebten früher unter einem völlig anderen Recht als die Stadtbevölkerung. Indes gab es auch in den Dörfern Standesunterschiede. Obenan stand als älteste bäuerliche Schicht der Ackermann, auch Vollhöfner oder Vollspänner genannt. Später folgten Halbhöfner, Kothsassen (Kothe=Kathe, kleines Haus), Brinksitzer (Brink=Dorfrand) und Anbauern. Auch der Platz in der Kirche war durch diese Rangordnung festgelegt. Mehr über Papenteich unter http://de.wikipedia.org/wiki/Samtgemeinde_Papenteich

In Bechtsbüttel gab es seit dem Mittelalter drei Ackerhöfe etwa gleicher Größe. Ab 1633 kam eine Brinksitzerstelle dazu und 1778 entstand ein Anbauerngehöft.

Die älteste Abgabe, die die Bauern zu tragen hatten, war der Zehnte, im 9. Jahrhundert von Karl dem Großen im Zuge der Christianisierung eingeführt. Ursprünglich war es eine Abgabe an die Kirche, die aber häufig als Lehen vergeben, verpachtet oder verkauft wurde. Nur Hausgärten blieben zehntfrei. Von Feldfrüchten und jährigem Vieh war der Zehnte abzuliefern, der auch in Geld abgegolten werden konnte.

Die Lüneburger Zehntordnung von 1692 regelte Einzelheiten. Dort hieß es unter anderem:

 ....... der Zehntpflichtige soll Anzeige machen, sobald sein Korn in Stiegen steht. Wenn am folgenden Tag der Zehnte nicht abgenommen ist, so soll die Ansage noch einmal wiederholt und dann bis Mittag des dritten Tages gewartet werden, ehe der Zehntpflichtige den Zehnten selbst absetzen und dann mit dem Einfahren beginnen kann. Wenn Regenwetter eintritt, soll er danach die Ansage wiederholen. "

Berichtet wurde auch, daß der Beauftragte des Zehntherrn um jede zehnte Stiege ein Seil schlang und das Korn nicht eher eingefahren werden durfte, bis der gezeichnete Anteil geholt worden war.

Da der Landesherr Eigentümer aller unkultivierten Flächen war, also der Allmende/ Gemeinheit, durfte nur mit seiner Erlaubnis gerodet werden. Für alles später urbar gemachte Land stand ihm der Rott-Zehnte zu.

Seit Aufhebung der Leibeigenschaft im 15. Jahrhundert bewirtschaftete der Bauer den Acker in einer Art Zeitpachtverhältnis, das ihm nicht grundlos entzogen werden konnte. Im 17. Jahrhundert wurden die bestehenden Ordnungen festgeschrieben und die Nutzung der Familie als Erbrecht zugesichert. Verbrieftes Recht im Landesgesetz sicherte die Erbfolge.

Dem Grundherrn zahlte der Bauer für die Überlassung des Acker- und Wiesenlandes jährlich Zins, das waren festgelegte Abgaben an Korn und/oder Geld, oft beides. Außerdem mußten Hand- und Spanndienste erbracht werden.

Neben dem Grundherm und dem Zehntherrn unterstand der Bauer noch dem Landesherrn, der "Herrschaft". Das waren die jeweiligen Fürsten oder Herzöge, die auch die Gerichtsbarkeit ausübten und denen Hoheitsdienste zu leisten waren: Landfolge, Arbeit an Wegen, Brücken und Gewässern, Kriegs- und Gefangenenfuhren, Gefangenenbewachung, Festungsdienste, Unterhaltungs-arbeiten an Mauern, Wällen, Gräben, Burg oder Amtshaus, Jagdfolgepflichten als Treiber oder Hundeführer. Außerdem wurden Hand- und Spanndienste auf den fürstlichen Besitzungen verlangt, bemessen oder unbemessen (= dienet sooft angesagt). Ackerleute dienten mit dem Spann, d.h. mit Zugvieh (Pferden oder Ochsen), Halbhöfner mit dem halben Spann, Kothsassen, Brinksitzer und Anbauern, die Haus und Hof aber kein eigenes Land besaßen, mit der Hand und eigenem Gerät.

Neben all diesen Belastungen mußte der Bauer noch weitere Steuern zahlen. Bereits seit dem 14. Jahrhundert gab es den "Schatz", eine regelmäßige Abgabe an den Staat. Vom dreißigjährigen Krieg bis Anfang des 19. Jahrhunderts waren "Contributionen", eine Art Landessteuer, zu zahlen.

Aus besonderen Anlässen erhob man im Laufe der Jahre die Türkensteuer, einen besonderen Viehschatz, Prinzessinnensteuer bei der Heirat der Fürstentöchter. Des weiteren gab es:

Hauptfall - die Sterbeabgabe beim Tod des Bauern Heimfall - beim Aussterben der männlichen Linie Hofwinnungsgeld oder Weinkauf - bei der Hofübernahme Consenzgebühr- bei Heiratserlaubnis

Eine endlos scheinende Zahl von Steuern.

Durch die Ablösungsordnung wurde im 19. Jahrhundert das Bauerneigentum aus der uralten Abhängigkeit vom Zehntherrn, Grundherrn und Landesherrn befreit. Mit ihr waren alle aus der Leibeigenschaft überkommenen Rechte aufgehoben. Die Ablösung war in unzertrennter Summe zu zahlen und konnte bei einer 1840 eigens dazu gegründeten Bank, der "Kreditanstalt für Ablösung der Grund- und Gutsherrlichen Gefälle" geliehen werden. Jeder Bauer konnte sich mit dem etwa 25-fachen Betrag seiner jährlichen Abgaben - in Geld umgerechnet - freikaufen von seinen Verpflichtungen.

Im Gegensatz zu Preußen blieb in unserm Gebiet der gesamte Landbesitz des bäuerlichen Hofes erhalten. Durch die Separation bekamen die Höfe sogar noch Ländereien aus der Gemeinheit hinzu, in Höhe ihrer alten Weidegerechtsame.

In der Bechtsbüttler Feldmark herrschte wie in der Papenteicher Umgebung die Dreifelderwirtschaft: Sommerfeld, Winterfeld, Brache. Jeder Hof besaß in den verschiedenen Feldstücken rund um das Dorf, den "Gewannen", seine Ackerstreifen. Als Folge dieser "Gemengelage" galt Flurzwang, d.h. alle Bauern einer 'Wanne" mußten sich gemeinsam über Fruchtfolge, Saat- und Erntezeit einigen, da jeweils über die Ackerstreifen der anderen zu fahren war, weil es keine Wege gab. Die Äcker der einzelnen Bauern bildeten lange, schmale Feldstücke (Streifenfluren), denn man pflügte mit Ochsen oder Pferden und wendete nicht gern. Die Felder, etwa 10 m breite Streifen, pflügte man von der Seite zur Mitte hin hoch, so daß zwischen den "Hochäckern" tiefere Furchen lagen, in denen sich der Frühjahrsniederschlag sammeln konnte. Feldgräben und Bodendrainagen entstanden ebenso wie Ackerwege erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.

Die Bauern in Bechtsbüttel bewirtschafteten um

1669  : 120 Morgen Ackerland
1680  : 180 Morgen Ackerland
1740  : 470 Morgen Ackerland

zu gleichen Teilen, und die Ernteergebnisse zeigten mittlere Qualität. Um 1820 finden wir als Ernteergebnis 3 bis 5 Körner von 1 Korn Aussaat bei Ertragserwartungen von bis zu 6 Körnern pro Korn. Das erscheint heute ausgesprochen niedrig angesetzt.

Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts war das Angerland die allen Höfen gemeinsame Weide, die aus Wald, Heide und Grünflächen bestand und die wichtigste Grundlage der bäuerlichen Viehwirtschaft bildete. Ohne "Hud und Weide" wäre keine Tierhaltung möglich gewesen. In der Allmende, auch Gemeinheit genannt, ließen die Hirten des Dorfes ihre Herden weiden. Auch die Brachfelder und das übrige Ackerland nach der Ernte und vor der Einsaat dienten der Beweidung und waren somit vorübergehend Allmende. Die Wiesen wurden ebenfalls nach der Heuernte als gemeinschaftliche Weide genutzt. Stallfutter war immer knapp, so brachte man Rindvieh, Schweine, Schafe und Gänse, solange es das Wetter zuließ, täglich nach draußen, von frühesten Frühjahr bis zum Schnee im Winter. Zum Schutz vor Weidevieh wurden die Felder mit Hecken oder Zäunen umfriedet. Außerdem nutzte man die gemeinsamen Flächen, um Heideplaggen abzustecken und Heidekraut zur Einstreu für das Vieh zu holen und es anschließend als Dünger zu verwenden. Auch zum Torfstechen und zum Sammeln von dürren, abgefallenen Ästen war die Allmende für die Dorfbewohner wichtig.

Die Gemeinheit bot ständig Anlaß zu Streit, da sie häufig von mehreren Dörfern genutzt wurde und niemand sich um die Erhaltung oder Verbesserung der Flächen kümmerte. Jeder suchte nur seinen Vorteil und nutzte die Weide so weit als möglich aus. Stallvieh, wie heute üblich, gab es damals nicht. Die Stallfütterung war so dürftig, daß man vom "Schwanzvieh" sprach, das im Frühjahr am Schwanz getrieben auf die Weide gebracht werden mußte, weil es vor Entkräftung kaum laufen konnte. Da das Weideland nicht beliebig zu vergrößern war, stand für jeden Hof eine genaue Kopfzahl für Weidevieh fest, die nicht überschritten werden durfte.

Bereits seit Mitte des 18. Jahrhunderts gab es Bestrebungen die Allmende zu teilen. 1802 liegt eine Gemeinheits-Teilungsordnung vor. Es war das Prinzip der Verkoppelung, die in Bechtsbüttel 1823 begann, für jeden einzelnen Hof den Wert seines bisher bestellten Acker- und Wiesenlandes nach Güteklassen zu berechnen. Dann wurden alle Äcker und Wiesen zusammengetan, sozusagen in einen großen Topf, aus dem jeder einzelne seinen zuvor ermittelten Wertanteil zurückbekam. Damit verschwanden, vor allem bei großen Höfen, die vielen kleinen, handtuchförmigen Ackerstücke. Die alte Streifenflur wandelte sich, denn jeder erhielt größere zusammenhängende Felder, aufgeteilt in gerade und leicht zugängliche Parzellen. Bei der Abgrenzung und Zuweisung der Flurstücke an die einzelnen Eigentümer beachtete man soweit als möglich die alten Besitzverhältnisse. Wo es nötig war, nahm man einen Austausch von Grundstücken vor.

Zur Bestellung oder zur Ernte konnten die einzelnen Äcker über neu angelegte Feldwege jederzeit erreicht werden. Das war vorher bei den Gewannen nur gemeinschaftlich möglich. Die gesamte bäuerliche Wirtschaft war jetzt rationeller und mit weniger Arbeitskräften durchführbar. Die Erträge stiegen deutlich an.

Da jeder Viehhalter bei der Separation Angerland, also Weidefläche aus der Allmende bekam, konnte man sein Vieh nur noch auf eigenem Grund und Boden weiden lassen. Das Amt des Kuh-, Schweine- und Schafhirten hörte damit weitgehend auf. Das führte keineswegs zu einem Rückgang in der Viehhaltung, sondem man ging in einem größeren Umfang zur Stallfütterung über.

Voraussetzung für die Separation in den einzelnen Dörfern war zunächst die Gemarkungsgrenzen genau festzulegen und dazu die Weidegemeinschaft mit den umliegenden Orten aufzuheben. In Bechtsbüttel bedurfte es dazu eingehender Vereinbarungen und Auseinandersetzungen mit Bevenrode, Waggum, Bienrode und Wenden. Es galt die bisher gemeinsame Hutung zur Zufriedenheit aller aufzuteilen.

Um einen einheitlichen Bewertungsmaßstab zu haben, wurden alle Vieharten auf Weidekühe umgerechnet z. B.

3 Kühe für 2 Pferde oder 4 Fohlen,  1 Kuh für 8 Schweine
oder 8 rheinische Schafe
 oder 10 halbedle Schafe
 oder 12 Heidschnucken

Daraus ergab sich die Zahl der Kuhweiden die benötigt wurden. Nun galt es festzustellen wieviel Kuhweiden in der Gemeinheit in welcher Bodenqualität vorhanden waren. Die Weidefläche mußte vermessen und die Morgenzahl errechnet werden. So umfaßte z.B.

eine Viehweide der Bodenklasse 1 :  2 1/2 Mg Land
eine Viehweide der Bodenklasse 10 :  8  Mg Land.

Für die Ackerflächen gab es in Bechtsbüttel von vereidigten Schätzern festgelegte Güteklassen von 1 bis 17, also von gutem bis zum kaum nutzbarem Boden.
Aus dem Vermessungs Register der Feldmark Bechtsbüttel, aufgestellt im Mai 1861, das den Besitzstand der Interessenten enthält, läßt sich die Größe der Gesamtfeldmark Bechtsbüttels und die der einzelnen Interessenten entnehmen.

3.2 Meinholz


Der Ortsteil Meinholz entstand um 1810 an der "Communion Post Straße von Braunschweig nach Hamburg", der großen Nord-Süd-Verbindung, die Napoleon I von 1805 bis 1810 ausbauen ließ. Um Wegegelder, entsprechend den Geleitschutzgeldern im Mittelalter, und Zölle einzunehmen, baute man ein Weghaus, das zugleich Umspannstation für die Pferdewagen und eine Zollstelle war. Damit wurde die Zollstation Wendebrück, die vorher diese Funktion an der Schunter in Wenden innehatte, bedeutungslos.

Nach der Gründung des Zollvereins 1834 wurde keine Station für Warenzölle mehr benötigt. So verkaufte man die Gebäude zu anderweitiger Nutzung. Das Zollhaus wurde 1854 als Anbauerstelle von dem Tierarzt Lütje erworben und ist heute die Hofstelle Lütje-Möllenhoff.  1875 gründete Friedrich Lüters die Gastwirtschaft "Weghaus Meinholz", die sich nunmehr seit vier Generationen im Familienbesitz befindet.

Auf einer Tafel im Gastraum steht zu lesen: "Vor hundert Jahren am 17. November 1875 wurde die Gaststätte von Herrn Friedrich Lüters, dem Urgroßvater des jetzigen Besitzers, eröffnet.  Der Name beruht auf der Tatsache, daß das Gebäude etwa um 1820 als Weghaus erbaut wurde, in dem die vorüberfahrenden Fahrwerke ein Wegegeld zu entrichten hatten."

In dem Weghaus gibt es mit der ebenfalls ca. 100 Jahre alten Spieluhr eine besondere Rarität. Kurzzeitig hieß das Weghaus sogar "Gastwirtschaft zur alten Spieluhr". Von dem braunschweigischen Lieferanten 0.C.F. Miether gab es eine Druckschrift  1888-1988 Hundert Jahre Musikautomaten, darin hieß es: Automaten gab es schon seit dem Altertum. Diese Instrumente standen früher in Wirtschaften, selten in Privathäusern. Sie sind in ihrer Verwendung also die Vorfahren der heutigen Musikboxen (weniger die der Plattenspieler oder HiFi-Anlagen).

Seit Mitte des letzten Jahrhunderts gab es in Meinholz eine weitere Gastwirtschaft, die sich nacheinander im Besitz der Familien Capelle, Hahn und König befand. Dort wurde auch Landwirtschaft betrieben. Seit 1984 werden Hofstelle und Gebäude von Joe Bodemann genutzt, der durch seine Filmtierdressuren über unsere Region hinaus bekannt ist. Außerdem gibt es noch einige wenige Einfamilienhäuser in Meinholz.

Deutsche Wurzeln auf den Marshall-Inseln : Das Geschäft mit Kokosnüssen trieb den Meinholzer Adolph Capelle vor 150 Jahren in den Südpazifik. Er tauschte das Likiep-Atoll gegen Waffen im Wert von $2000 ein, der König des Atolls zog mit dem Schiff und den Waffen davon, sich ein neues Reich zu erobern. Bis in die Gegenwart wird mit Kopra gehamdelt. Noch heute sind die Einflüsse der Kolonialherren von damals zu spüren, in den Namen der Bewohner und dem Baustil der Kirche. Johannes Hano hat deutschem Geist auf den Marshall Islands nachgespürt, sein Bericht wurde im ZDF-Auslandsjournal am 25.2.09 ausgestrahlt. Gezeigt wurden viele Nachkommen von Adolph Capelle mit ihren deutschen Vornamen, sowie sein monumentaler Grabstein. Am 22.4.09 berichtete das ZDF Auslandsjournal erneut vom Liekiep Atoll, vom Capelle-Familientreffen in Hordorf bei Cremlingen und dem Besuch in Meinholz, das alte Fachwerkaus der Familie steht dort noch. Wiederholung am 25.11.2010
 

3.3 Verkehrswege: Straßen und Eisenbahn


Bis 1880 war Bechtsbüttel nur durch Feldwege mit den umliegenden Ortschaften verbunden. Die einzige größere Straße in der Nähe war die "Communion Post Straße", die jetzige B4. 1883 wurde die Straße nach Wenden befestigt, so daß sie auch bei nassem Wetter gut zu befahren war. Neben dem mit Feldsteinen gepflasterten Streifen der Straße blieb aber stets ein unbefestigter Feldweg bestehen, der sogenannte Sommerweg, der bei trockenem Wetter für Pferd und Wagen angenehmer zu benutzen war. 1885 folgte der Ausbau der Straße nach Meinholz und 1890 wurde auch die Straße nach Abbesbüttel gepflastert. Die direkte Verbindung nach Waggum ist bis heute keine öffentliche Durchgangsstraße und nur zum Teil geteert.

Verkehrstechnische Veränderungen des dörflichen Umfeldes brachte der Bau der Eisenbahnstrecke Braunschweig Gifhom mit sich. Der Abschnitt Braunschweig - Meine wurde in den Jahren 1893 und 1894 fertiggestellt. Für Bahnhof und Eisenbahntrasse war der Verkauf von Bechtsbüttler Ländereien nötig, z. T. wurden dadurch Ackerflächen zerschnitten und entwertet.

Der Bahnhof Wenden-Bechtsbüttel, in der Bechtsbüttler Gemarkung gelegen, besaß zusätzlich eine Verladerampe, war also auch Güterbahnhof.

Bechtsbüttel bekam zwei Bahnhöfe in unmittelbarer Nähe, Wenden-Bechtsbüttel und Meinholz. Der Bahnhof Meinholz lag schon auf Vordorfer Gebiet und war nur eine Haltestelle für den Personenverkehr.

Durch die Bahnverbindung vergrößerte sich die Mobilität und damit die Möglichkeit außerhalb des Dorfes zu arbeiten oder weiterführende Schulen zu besuchen. In neuerer Zeit, bedingt durch die Zunahme des privaten Autoverkehrs und ein Netz von Buslinien, hat die Bedeutung der Eisenbahn besonders für die Personenbeförderung im Nahbereich - so abgenommen, daß beide Bahnhöfe für Bechtsbüttel jede Bedeutung verloren haben und als für den Personenverkehr unrentabel geschlossen wurden. Nur als Verladebahnhof für schweres Bundeswehrgerät und zeitweise für Zuckerrüben hat der Bahnhof Wenden-Bechtsbüttel noch geringe Bedeutung.
Die Bauhöhe der in Eisenfachwerkbauweise erstellten Brücke beträgt 13,14 m, die Länge der ursprünglichen Brücke 182 m, die größte Breite 8,30 m. Die Durchfahrtshöhe für Schiffe beträgt 6 m. 19 m über der Wasseroberfläche liegt die Schienenoberkante. Da zum Ende der Bauzeit Erdrutschungen auftraten -das Bauwerk befindet sich im tiefsten Einschnitt des Kanals- mussten an beiden Seiten fünf Verlängerungen erstellt werden. Die südlichste Verlängerung wird noch immer als Behelfsbrücke geführt. Die Gesamtlänge ohne Behelfsbrücke beträgt 253,50 m.Der Oberbau wurde von der Firma Mitteldeutsche Stahlwerke Lauchhammerwerk in Lauchhammer erstellt. Die Erdarbeiten führte zum Teil die Firma Spindler, Braunschweig, die Betonarbeiten die Firma August Weber , Dortmund, aus. Die Brücke wurde 1932 in Betrieb genommen.
Mit der Sprengung der Eisenbahnbrücke im April 1945 kam der Zugverkehr von Braunschweig nach Gifhom zum Erliegen. Er konnte im Oktober 1946 über die wiederhergestellte Brücke erneut aufgenommen werden.
 

3.4 Mittellandkanal und Kippe


Das Los 7 des Kanalbaus erstreckte sich durch Wendener und Bechtsbütteler Gebiet. Zu den Vorarbeiten gehörten nach Festlegung der endgültigen Linienführung Probebohrungen in 50 m Abständen und einer Tiefe von 12 bis 25 in auf der Achse des Kanals. Jeder Bohrkern wurde mit den Daten von Bohrloch und Bohrtiefe versehen, registriert und verpackt, um ein genaues Bild des Untergrundes zu erstellen. Außerdem legte man Beobachtungsbrunnen in bis zu 4 km Entfernung an, in denen ebenso wie in den Gebrauchsbrunnen der Dörfer der Grundwasserstand regelmäßig wöchentlich kontrolliert wurde.

Ab 1927 begann die Elbstrombauverwaltung Magdeburg Grund und Boden anzukaufen. Die gezahlten Bodenpreise schlossen notwendig werdende Umwege, Flächenzerstückelungen und Trockenfallen von Wiesen ein und sollten künftige wirtschaftliche Erschwernisse oder Einbußen mit abgelten.

Das Kanalbett durchzieht die Feldmark Bechtsbüttels vom Westerberg bis hinter die Eisenbahnbrücke. Da der Westerberg eine Höhe von 79 in über NN (= Normal Null = Meeresspiegel ) hat, an der Eisenbahnbrücke sind es 83 in über NN, der Wasserspiegel des Kanals aber bei einer Höhe von 62 in über NN liegt, mußte das Kanalbett 24 - 29 m tief ausgehoben werden. Die Bodenverschiebungen, bedingt durch Ton im Untergrund, erforderten riesige Aufwendungen. Um ein Nachrutschen der Erdmassen zu unterbinden, wurden in 20 m tiefe Bohrlöcher armierte Betonpfähle eingerammt, deren Köpfe sichtbar herausragen.

Der Abstand der Böschungen beträgt von Oberkante zu Oberkante 200 m. Zum Schutz vor Erosion wurden die terrassenförmig angelegten Hänge mit Mischwald bepflanzt. Der Kanal hat eine Breite von 60 m. Wegen des Wellenschlages wurden die Ufer mit Steinen abgedeckt, die ein Unterspülen bzw. Abspülen verhindern sollten. Ab Mitte der 60iger Jahre begann man den Mittellandkanal für große Europaschiffe umzubauen. Dabei wurden die Seiten mit Spundwänden befestigt, womit bei gleichmäßiger Tiefe eine größere Breite entstand. Gleichzeitig wurden Ausstiegsstellen eingerichtet und es mußten Wildzäune erstellt werden, denn für das über den Kanal wechselnde Schalenwild waren die steilen Spundwände eine tödliche Falle.

Das Kanalbild wird beherrscht von der Eisenbahnbrücke, die in 20 m Höhe über dem Wasserspiegel 200 m überspannt. Neben dem Bahngleis führt ein Fußgängerweg nach Meinholz über die Brücke, während Fahrzeuge den Umweg über die B4-Straßenbrücke nehmen müssen. Der Schiffsverkehr konnte 1938 auf der ganzen Länge des Kanals aufgenommen werden.

Neben der Landschaftsveränderung durch den Bau des Mittellandkanals hatte das Absenken des Grundwasserspiegels nachhaltigen Einfluß auf das Umland. Der frühere Dorfteich wurde zum Tümpel, der im Sommer austrocknete. Wiesen waren so trocken, daß sie in Ackerland umgewandelt werden mußten. Alte Obstbäume konnten sich dem veränderten Grundwasserstand nicht mehr anpassen und verdorrten. Die Brunnen des Dorfes standen leer und wurden wertlos. Messungen ergaben, daß der Grundwasserstand um bis zu 5 m abgesunken war. Nach Anerkennung der entstandenen Schäden stellte das Kanalbauamt Mittel für den Bau und die Unterhaltung eines Wasserwerkes in Bechtsbüttel zur Verfügung. Es versorgte das Dorf mit Frischwasser und lag im Mehlbusch, dort wo heute die Grundstücke Waggumer Weg Nr. 3 und Im Mehlbusch Nr. 1 zu finden sind. 1970 erfolgte der Anschluß an den Wasserverband Gifhorn und damit an die zentrale Wasserversorgung.

Um den beim Kanalbau anfallenden Aushub abzulagern, wählte man ein Gebiet im Osten des Dorfes, das aus geringwertigen Weiden und Moorwiesen bestand. Die vorgesehene Fläche maß 670 x 210 m und sollte bis zu 12 m hoch terassenförmig aufgeschüttet werden. Diese "Kippe" gehört zu unterschiedlichen Teilen den Gemeinden Waggum, Bevenrode und Bechtsbüttel.
Um die Entfernung von mehreren Kilometern zu überwinden, legte man südlich des Ortes Bechtsbüttel, die Wendener Straße überquerend, vom Kanal bis zum Beberbach Gleise für eine Feldbahn, deren Kipploren von einer Diesellok gezogen wurden. Anfangs verwendete man Holzloren mit 3,5 qm Füllraum, ab 1932 wurden Metalloren benutzt, die 4,5 qm faßten, mit denen der Abraum zur Kippstelle gebracht wurde. Der schwere Boden der "Kippe", bestehend aus Tonmergel und Lehm, wurde zur Befestigung bepflanzt. Der heutige Bewuchs weist viele Erlen, aber auch Fichten, Pappeln und andere Laubbäume auf. Der recht urwüchsige Baumbestand bietet Schutz und Kinderstube für das Wild, ebenso wie das Kanalgelände untersteht die "Kippe" heute der Bundeswasserstraßen-verwaltung.

Durch den Kanalbau und die Aufschüttung der Kippe siedelte sich die Hoch- und Tiefbaufirma F.Schuppert am Bahnhof Wenden-Bechtsbüttel an.

Parallel zur Bundesstraße 4 wurde 2002 eine Brücke für die A391 gebaut.
 

3.5 Ackerboden und Landwirtschaft


Auf dem sehr unterschiedlichen Boden der Feldmark, im Westen und Norden meist Ton und Lehm, im Osten und Süden leichter Boden und Sand, ließ sich vielseitiger Ackerbau betreiben. Nachdem im Rezess 1865 das gemeinsame Weideland aufgeteilt war, verschwand die Schafhaltung fast ganz, das Angerland wurde zu Ackerland umgebrochen.

Durch Kunstdünger, vermehrten Zuckerrüben- und Zwischenfruchtanbau wurde soviel Futter erzeugt, daß die Rindviehbestände stark vergrößert werden konnten. Neben Rüben, Getreide und Kartoffeln baute man viel Gemüse an, besonders Spargel. Zum Ende des vergangenen Jahrhunderts hatte sich diese Entwicklung, begünstigt durch die Braunschweiger Konservenindustrie, so weit ausgedehnt, daß die einheimischen Arbeitskräfte nicht mehr ausreichten, um die anfallende Feldarbeit zu bewältigen.

Es wurden Saisonarbeiter eingestellt, meist aus Schlesien oder Polen. Viele Bechtsbüttler Frauen arbeiteten in der Landwirtschaft, deren Männer zum Teil in Nachbarorten oder in Braunschweig beschäftigt waren. Etwas eigenes Vieh und Pachtland, das in der Freizeit bewirtschaftet wurde, schufen günstige Voraussetzungen für ein eigenes Haus. Fast jeder im Dorf hatte mit der Landwirtschaft zu tun.
Die Namen vieler Flurstücke geben uns Aufschluß über die Bodenbeschaffenheit, die Nutzung oder die Lage. An manchen läßt sich ein Stück Vergangenheit ablesen. "Im Teich" und "Teichwiesen'' erinnern an die Fischteiche, die im Südwesten und Süden des Dorfes lagen und einst von den Riddagshäuser Mönchen genutzt wurden. Ein Teichwirt, auf dem Brinksitzerhof Nr.5 wohnend, hatte früher das Amt, die Teiche instand zu halten.

Der Name "Rottekuhlen" östlich und südöstlich des Kahlenberges gelegen, erinnert an den Flachs aus eigenem Anbau, der dort weiterverarbeitet wurde, um später gesponnen zu werden.

"Lehmgrube" und "Lehmkuhle" zeigen auf, daß dort Lehm zum Hausbau für Fußböden oder Wände gegraben wurde.

Die Namen "Lauseheide", "Fastenkamp", "Kahlenberg", "Sandkamp" spiegeln die geringe Bodenqualität wieder. Auch der Flurname "Im  Moor" ist aussagekräftig. "Westerberg" wiederum verdeutlicht die Lage im Westen des Dorfes.

 

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